NAMELESS MAGAZIN: Musik ist mein Blut

Wollt Ihr meinen ersten Gedanken lesen, den ich beim anhören der Debüt-CD von Goitzsche Front hatte? „Endlich! Endlich mal wieder eine einprägsame Stimme und eine Band die Oi! spielt“. Wieso, weshalb und warum ich mich da allerdings geirrt habe, das erzähle ich Euch jetzt in dem Review zum aktuellen Album „Musik ist mein Blut“ von der Band Goitzsche Front.

„.. Musik ist mein Blut – was ich zum leben brauch´
Der Rhythmus, mein Herzschlag, spürst Du ihn auch?
Ja und der Pogo ist mein Tanz, der über jede Stränge schlägt
und es ist die Stimme, ja die Stimme, die mich innerlich bewegt ..“
(Goitzsche Front – Musik ist mein Blut)

Bereits die ersten Textzeilen sprechen mir einfach aus dem Herzen. Die Broilers haben auf ihrem aktuellen Album „Santa Muerte“ eine für mich gleichbedeutende Textstelle: „[..] Ganz egal, ob ich Blut schwitz’, bittere Tränen wein’, alles erträglich, es muss nur immer Musik da sein! [..]“ (Broilers – 33 Rpm). Es sind diese Textstellen, die es einfach auf den Punkt bringen. Der einzige Unterschied ist, die Broilers brauchen dafür nur eine Textzeile und Goitzsche Front erklärt sich in einem ganzen Song – was jedoch keinesfalls schlimm ist.

Apropos Goitzsche Front.. Als ich den Namen das erste Mal gelesen habe muss ich gestehen, dass ich mich erstmal über die Band informieren musste, bevor ich da überhaupt reinhöre. Also erstmal alles Mögliche über die Band zusammengesucht (Videos, vergangene Konzerte, etc..) und nichts verwerfliches gefunden. Okay, die „Oire (beschissene)Szene“ Fraktion würde jetzt ankommen mit dem Wort „Grauzone“, weil die Jungs schon zusammen mit den ultra bösen Soifass und Co. auf der Bühne standen – das ist natürlich wirklich verwerflich und darf keinesfalls geduldet werden – hahaha.. (Ironie-Modus zu Ende!) – Doch genau dieser „Oire Szene Beweis“ für die Grauzone ist für mich eher ein Indiez dafür, dass die Jungs eben nicht in diese Ecke gehören. Na gut, am einfachsten bekommt man sowas eh auf genau einem Weg raus: NACHFRAGEN! Also einfach kurz die Jungs bei Facebook kontaktiert und als Antwort bekommen:
„Wir sind gegen jede Art von Extremismus und lassen uns politisch nicht vor den Karren spannen, egal ob von linker oder von rechter Seite! Über den „Oire Szene“- Beitrag können wir nur lachen. Die Seite lebt davon Bands in verschiedene Schubladen zu stecken, ohne auch nur das Geringste über sie zu wissen. Manchmal ist die Seite aber für den ein oder anderen Konzerttipp für das Wochenende gut! :)“
(Statement von „Ulze“ von und für Goitzsche Front)

Damit wären diese Fronten also auch geklärt, widmen wir uns lieber wieder etwas genauer dem Album „Musik ist mein Blut“. Wer ein lyrisches Meisterwerk erwartet ist bei Goitzsche Front fehl am Platz, denn die Texte sind recht einfach gehalten, aber das passt wunderbar zum gesamten Album. Grundsolide Melodien, passende Texte und abwechslungsreiche Songs. Man muss nicht immer alles kompliziert ausdrücken nur um einen „anspruchsvollen“ Eindruck zu vermitteln – ganz im Gegenteil – ein Großteil des Publikums auf den Konzerten wird es begrüßen: Einfache Texte zum mitgröhlen. Wollt Ihr noch ein paar Textbeispiele? Kein Problem:

„.. Wir lieben das Bier, wir lieben das Leben
wir lieben die Frauen – und das wird uns keiner nehmen!
Wir lieben die Freiheit, wir lieben die Musik
wir kriegen was wir wollen – egal was geschieht! ..“
(Goitzsche Front – Zusammenhalt)

„.. Ich verlor einen Freund – er war wie ein Bruder
All die geilen Zeiten – sind nun vorbei
Ich verlor einen Freund – er war wie ein Bruder
Doch ich trink mein Bier, wenn es sein muss, auch für zwei! ..“
(Goitzsche Front – Falsche Freunde)

Für mich persönlich ist das vollkommen in Ordnung – ich mag das sogar 😉 Ansonsten könnte ich wohl auch keine Fun-Kapellen wie „Brigade S“ abfeiern. Es muss einfach alles zusammenpassen und das tut es bei dem Album „Musik ist mein Blut“ von Goitzsche Front von vorne bis hinten.

Das einzige was ich echt schade finde ist die Tatsache, die ich am Anfang schon kurz angedeutet habe: Die Band schreibt sich selbst nicht dem „Oi!“ sondern dem „Deutschrock“-Genre zu. Ich finde es echt ätzend, dass sich die Szenen immer mehr vermischen. Oi! und Deutschrock sind zwei grundlegend verschiedene Welten – der Oi!(Punk) steht für einen Kult, ein Lebensgefühl!! Wieso verkauft man sich dann selbst als „Deutschrock“-Band, benutzt aber zeitgleich auf seinen Motiven, bei MySpace und Co. das Wort „Goitzsche“ in der Schreibweise „gO!tsche“? Wobei… vielleicht trifft das Wort „verkauft“ den Nagel schon auf den Kopf. Deutschrock verkauft sich einfach besser als Oi! Traurig aber wahr… Nur damit wir uns nicht falsch verstehen – ich habe, im Gegensatz zu vielen anderen Leuten aus unserer Szene, nichts gegen den Bereich „Deutschrock“. Auch dort gibt es wirklich talentierte Bands die gute Texte und auch wirklich gute Musik machen (solange es keine billigen Onkelz-Kopien sind, die zu Tausenden aus dem Boden sprießen). Aber es hat nunmal absolut nichts mit einem Lebensgefühl oder einem Kult zu tun – und um diesen Kult zu bewahren ist es wichtig, dass die Genres Deutschrock und Oi! auch weiterhin getrennt bleiben und nicht zu einem Einheitsbrei verkommen. Nur weil auf einmal jedes Straßenkind denkt, es sei jetzt der ultra harte Typ dem es ach so schlecht geht und der lernen musste zu kämpfen, heißt das noch lange nicht, dass sie den „Way of life“ im Herzen tragen – im Gegenteil.. Eigentlich sind das die Leute die zum Deutschrock-Genre gehören.. Denn genau darüber wird doch immer wieder gesungen: „Die Welt hasst mich“, „Ich bin Einzelgänger“, „Meine Band ist die Geilste“, „Ich weiß wie die Straße schmeckt“, „Ich musste schon so oft bluten *mimimi*“…
Naja, egal – dann gehört Goitzsche Front eben zum Deutschrock, auch wenn das für mich in dem Fall einfach unverständlich ist.